Taghazout, Tamraght und Imsouane: Alles, was du über die besten Surfspots in Marokko wissen musst
Wenn man mit dem Surfen beginnt, träumen viele davon, nach Bali zu fliegen, einem der ikonischsten Surfziele der Welt. Aber nicht immer hat man Zeit oder Budget für eine so lange Reise: Der Jetlag macht sich bemerkbar und eine Woche reicht nicht einmal aus, um sich richtig einzuleben.
Also sucht man nach näheren Alternativen: Wo kann man im Winter surfen, ohne ans andere Ende der Welt zu reisen? Die Kanarischen Inseln sind eine erste Option, doch bald taucht ein überraschendes und sehr nahes Reiseziel auf: Marokko.
Nur wenige Flugstunden von Europa entfernt bietet Marokko perfekte Wellen, ganzjährig mildes Klima und eine faszinierende Kultur. Besonders die Küste bei Agadir und das Dorf Taghazout sind zum pulsierenden Herz des Surfens in Marokko geworden. Bereits in den 1960er Jahren hatten Hippies hier wilde Strände und traumhafte Point Breaks entdeckt.
Ja, sogar Jimi Hendrix besuchte Essaouira während einer kurzen Reise in diesen Jahren – auch wenn es keine Beweise dafür gibt, dass er jemals gesurft ist!
Der eigentliche Boom begann jedoch in den 1990er Jahren mit der Eröffnung der ersten Surfcamps in Marokko. Taghazout verwandelte sich von einem einfachen Fischerdorf zu einem Kultziel für alle, die beständige Wellen, Surfshops und ganzjährig entspannte Atmosphäre suchen.
Blick von oben auf das Dorf Taghazout.
Warum in Marokko surfen?
Einer der großen Vorteile Marokkos für alle, die Wellen und Abenteuer suchen, ist ohne Zweifel die Nähe zu Europa. Viele europäische Flughäfen bieten Direktflüge nach Agadir an, und nach der Landung sind es nur etwa 40 Minuten Taxi bis nach Taghazout, direkt am Strand und unter der Sonne.
Wer lieber eine langsamere und landschaftlich reizvolle Reise bevorzugt, kann auch mit der Fähre anreisen, zum Beispiel von Barcelona oder Genua bis nach Tanger und dann entlang der marokkanischen Autobahn die Küste hinunterfahren. Aber die meisten Reisenden wählen das Flugzeug: Billigflüge, deutlich niedrigere Lebenshaltungskosten als in Europa und sommerliche Temperaturen auch mitten im Winter sind nur einige Gründe, warum immer mehr Menschen sich für Surfen in Marokko entscheiden.
Und Achtung: Ein Mythos wird hier entkräftet. Es stimmt nicht, dass Marokko im Sommer zu heiß zum Surfen ist. Klar, in Marrakesch läuft im August nicht mal ein Kamel herum... aber Taghazout ist eine ganz andere Geschichte. Die Einheimischen nennen es liebevoll „den Kühlschrank“: Dank eines speziellen Küstenmikroklimas braucht man oft selbst im Juli oder August morgens eine Jacke!
Während in Europa die drückende Hitze quält, ist die Luft hier trocken, das Klima windig, und man kann surfen oder am Strand entspannen, ohne die drückende Sommerhitze, die viele andere Sommerziele auszeichnet.
Surfspots in Taghazout: eine Küste voller Wellen
Es gibt wirklich keinen anderen Ort auf der Welt, an dem man so viele Surfspots auf so wenigen Kilometern Küste findet wie zwischen Taghazout und Agadir. Und genau das ist einer der großen Vorteile des Surfens in Marokko: Man braucht nur Taghazout als Basis, um jeden Tag den besten Spot je nach Wind, Gezeiten und Wellenrichtung auswählen zu können.
Die Namen der Surfspots in Marokko sind für sich schon eine Reise: Angefangen beim Anchor Point (dem bekanntesten Spot der Gegend), und wenn man sich nach Norden bewegt, trifft man auf Mysteries, La Source, Killers, Draculas, Camel Beach, Boilers und schließlich Tamri, wo es immer Wellen gibt.
Fährt man hingegen Richtung Süden, findet man Hash Point, Panorama Beach, Tifnit (Tukatin), Banana Beach, 12 und 11 (ausgesprochen auf Französisch), bis hin zu Anza, einem kraftvollen Beachbreak direkt vor den Toren von Agadir.
Und natürlich gibt es auch die berüchtigten Secret Spots. Aber darüber – aus offensichtlichen Gründen – werden wir nicht sprechen!
Der Surfspot Tukatin befindet sich an der Banana Beach, direkt unterhalb der Klippen.
Wann ist die beste Zeit zum Surfen in Marokko?
Die beste Zeit zum Surfen in Marokko ist ohne Zweifel der Winter: Von Mitte Oktober bis weit in den April hinein trifft die Küste regelmäßig starker Swell, der perfekte Wellen erzeugt, besonders an den Point Breaks bei Taghazout.
Aber Achtung: Man kann das ganze Jahr über surfen. Auch im Sommer funktionieren einige Spots – wie Tamri oder Anza – gut, dank ihrer Ausrichtung zu den Nord-Sturmfluten.
Ein weiterer Vorteil? Die Wassertemperaturen bleiben auch in den kältesten Monaten mild, bei etwa 17–18 °C. Ein Neoprenanzug mit 3/2 mm reicht aus, um bequem im Wasser zu sein; für noch mehr Komfort eignet sich eine 4/3. Nur an einigen Wintertagen, wenn man längere Zeit auf dem Brett sitzt und auf die Welle wartet, verspürt man den Wunsch, sich kurz in der Sonne aufzuwärmen... die übrigens fast immer scheint.
Auch an Winterabenden zwischen Januar und Februar kann es kühl werden, deshalb empfiehlt es sich, einen Pullover oder eine leichte Jacke mitzunehmen. Tagsüber kann man dank des milden und sonnigen Klimas an der Atlantikküste problemlos im T-Shirt und in Flip-Flops unterwegs sein.
Rein in den Neoprenanzug und los geht’s!
Wie man nach Taghazout, Agadir und Imsouane kommt und sich dort fortbewegt.
Für Flugreisende ist die bequemste Möglichkeit, am internationalen Flughafen von Agadir zu landen. Nach dem Bau der neuen Rocade Nord Est erreicht man Taghazout in weniger als 45 Minuten mit dem Taxi, die Fahrt kostet durchschnittlich zwischen 25 und 30 Euro pro Strecke.
Wenn das Ziel hingegen Imsouane ist, muss man mit etwa anderthalb Stunden zusätzlicher Fahrzeit rechnen.
Viele Low-Cost-Airlines wie EasyJet, Ryanair und andere bieten Direktflüge nach Agadir von verschiedenen europäischen Städten an. Eine interessante Alternative ist es, in Marrakesch zu landen, die Stadt zu besuchen und anschließend einen Supratours- oder CTM-Bus zu nehmen: In etwa 4 Stunden erreicht man so bequem und sicher Agadir.
Um sich zwischen den wichtigsten Surfspots der Region zu bewegen, gibt es auch den praktischen Service Souk to Surf: Wie der Name schon sagt, verbindet er Städte im Süden Marokkos mit den bei Surfern beliebtesten Küstenorten, darunter Taghazout und Imsouane.
Imsouane
Für Longboarder galt Imsouane lange Zeit als legendäres Reiseziel. Dieses ruhige Fischerdorf, eingebettet in eine entspannte und zeitlose Atmosphäre, ist bekannt für eine der ikonischsten Wellen des gesamten afrikanischen Kontinents: eine sehr lange, rechte Welle, ideal für Surfer mit mittlerem Können. An den besten Tagen kann die Welle Laufstrecken von über 500 Metern bieten, besonders bei mittlerem bis abnehmendem Wasserstand.
Die berühmte Bucht eignet sich perfekt für Longboards und Softboards, dank ihrer sanften Welle und den zahlreichen Peaks, die sie auch für Surfer zugänglich machen, die ihre Technik noch verbessern. Nicht ohne Grund wird sie oft als einer der besten Orte der Welt beschrieben, um stilvoll Surfen zu lernen.
Auf der anderen Seite der Bucht befindet sich ein zweiter Spot, genannt The Cathedral, wo die Wellen kräftiger sind und sich eher für erfahrene Surfer eignen.
Leider hat Imsouane zwischen dem 17. und 18. Januar 2024 einen drastischen Wandel erlebt: Viele als illegal betrachtete Häuser wurden von den Behörden mit Baggern abgerissen. Die Aktion hat das Erscheinungsbild des Dorfes tiefgreifend verändert und heftige Reaktionen in der lokalen Gemeinschaft sowie unter den Surfern, die dem Ort verbunden sind, ausgelöst.
Imsouane ist vor allem für ihre endlos lange Welle "The Bay" bekannt.
Taghazout
Taghazout ist das pulsierende Herz des Surfens in Marokko. Dieses Fischerdorf wurde unter Surfern aus aller Welt berühmt, da es einige der ikonischsten Surfspots des Landes beherbergt. Hier entstand der marokkanische Surftourismus, wofür vor allem Anchor Point verantwortlich ist – von vielen als eine der perfektesten Wellen des Atlantiks angesehen.
Anchor Point
Anchor Point ist ein rechter Pointbreak, der für seine Kraft, Länge und Regelmäßigkeit bekannt ist. Er ist ständig von erfahrenen Surfern bevölkert und oft Schauplatz von Surf-Events und Wettbewerben. Bei optimalen Bedingungen kann die Welle sehr lange spektakuläre Läufe bieten, ideal für Surfer mit fortgeschrittenem Niveau.
Mysteries
Direkt nördlich von Anchor Point liegt Mysteries, ein weiterer rechter Pointbreak, der oft Wellen von hervorragender Qualität liefert. Weniger überlaufen als sein berühmter Nachbar, ist er perfekt für Surfer mit mittlerem Können, die saubere und spaßige Wellen ohne den Trubel von Anchor suchen. Paradoxerweise zieht Anchor eher die Experten an, während Mysteries ein idealer Zufluchtsort für Surfer ist, die ihre Technik noch verbessern wollen.
Der Strand vor dem Surfspot "Mysteries". Im Hintergrund sind die Palmen vor dem bekannten Spot Anchor Point zu erkennen.
La Source
Noch weiter nördlich befindet sich La Source, ein weiterer Surfspot in Taghazout, der einen Besuch wert ist, zumindest um die Bedingungen zu checken. Dieser Spot funktioniert seltener als Mysteries, kann aber bei der richtigen Swellgröße für schöne Überraschungen sorgen. Am Parkplatz angekommen, lohnt es sich immer, beide Spots zu prüfen und denjenigen zu wählen, der gerade besser läuft. In Sachen Konstanz ist Mysteries meistens verlässlicher.
Killers
Kurz nach La Source, versteckt unter einem imposanten Felsen, liegt Killers, einer der faszinierendsten und wildesten Spots der Gegend. Um ihn zu erreichen, ist ein gutes Paddeln nötig, da die Welle recht weit vom Ufer bricht. Der beste Zugang ist über den kleinen Strand direkt nach dem Resort La Source.
Der Name „Killers“ hat viele Legenden unter Surfern geweckt: Einige sagen, er beziehe sich auf Orcas (Killerwale), die früher in der Gegend gesichtet wurden. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Einheimischen den Namen erfunden haben, um zu viele europäische Surfer abzuschrecken. Wie auch immer, Killers ist ein Spot für fortgeschrittene Surfer mit kraftvollen Wellen und epischen Line-ups.
Luftaufnahme der Klippen vor dem Surfspot “Killers”. Im Hintergrund ist das Resort "La Source" zu sehen, unterhalb dessen sich der Strand befindet, von dem aus man auch Zugang zu Killers hat.
Hashpoint
Direkt vor den Bars und Restaurants am Strand von Taghazout liegt Hashpoint, einer der zwei Surfspots, die dem Dorf am nächsten sind. Die Welle hier ist weich, zugänglich und perfekt für Anfänger oder Surfer mit mittlerem Niveau – wenn sie denn funktioniert.
Das Problem: Hashpoint funktioniert nur unter bestimmten Bedingungen und gehört nicht zu den beständigsten Spots der Region. Doch wenn der richtige Swell kommt, ist es einer der bequemsten Orte, um direkt im Zentrum des Ortes ins Wasser zu gehen. Oder um den Locals bei ihren Tricks zuzuschauen, gemütlich an einem Bar-Tisch sitzend.
Der Name? Nicht schwer zu erraten. Bis vor einigen Jahren waren die Tische an der Strandpromenade nicht nur für Minztee bekannt, sondern auch für die leichte Verfügbarkeit von lokalem „Relax“. Heute hat sich die Situation geändert, aber der Name blieb – und ist ein Teil der Surf-Folklore von Taghazout.
Panoramas
Im südlichen Teil von Taghazout gelegen, ist Panoramas einer der beständigsten Surfspots der Gegend, deutlich verlässlicher als Hashpoint. Da es sehr nah am Dorf liegt, ist es der ideale Spot für eine schnelle Surf-Session vor Sonnenuntergang oder um morgens nach dem Aufstehen die Bedingungen zu checken. Wenn Panoramas gut läuft, braucht man oft nicht einmal das Auto.
Es handelt sich teilweise um einen Beachbreak, was ihn zu einem idealen Spot für Anfänger macht, aber auch Surfer mit mittlerem Können schätzen seine Vielseitigkeit und Zugänglichkeit.
Devil’s Rock & Crocro
Etwas weiter südlich, vor dem Dorf Tamraght, liegen Devil’s Rock und Crocro Beach, zwei sehr beliebte Spots für Surfanfänger. Hier befinden sich auch einige offizielle Surfschulen mit qualifizierten Lehrern und einfach zu lesenden Beachbreaks.
Sie sind perfekt für Anfänger und Surfer mit mittlerem Niveau, dank der weichen Wellen und des sandigen Grunds. Tamraght ist eine ausgezeichnete Wahl für alle, die eine ruhigere Alternative zu Taghazout suchen, aber trotzdem großartige Spots in unmittelbarer Nähe haben möchten.
Banana Beach
Banana Beach in Aourir ist kein einzelner Spot, sondern eine lange Küste mit mehreren Surfspots entlang des Strandes. Wenn euch jemand an „Banana“ treffen will, lasst euch unbedingt die GPS-Position schicken – die Gegend ist lang und unübersichtlich!
Die Locals nennen die verschiedenen Abschnitte mit Namen wie 11, 12, Tukatin und Spiders, und jeder Bereich hat seine Besonderheiten. Alle Spots blicken auf das Dorf Aourir, das wegen seiner großen Bananenproduktion auch „Banana Village“ genannt wird.
Ein Surfer in Aktion am Spot Banana Beach.
Anza
Anza ist der Spot, der Agadir am nächsten liegt, und wird oft als letzte Option genutzt, wenn andere Spots der Gegend nicht funktionieren. Dank seiner Lage bekommt Anza Swells ab, selbst wenn der Ozean an anderen Stellen ruhig ist. Funktionieren die anderen Spots jedoch gut, sollte man besser dort bleiben: Anza kann zu kraftvoll und unübersichtlich werden, was es selbst schwierig macht, die Lineup zu erreichen. An solchen Tagen kann das Ins-Wasser-gehen zur echten Herausforderung werden.
Tamri
Wenn wirklich alle anderen Spots an der Küste komplett flach sind, ist Tamri oft die letzte Hoffnung. Nördlich gelegen auf dem Weg nach Imsouane, ist dieser Beachbreak dafür bekannt, auch mitten im Sommer Swell zu bekommen. Allerdings ist Tamri ein unberechenbarer Spot: Starke Strömungen und Nachmittagswind können die Session besonders für Anfänger erschweren. Tamri gilt als „Rettungsmission“, wenn anderswo keine Wellen sind. Ein Warnhinweis: Die Strömungen können sehr stark werden, und wenn man aus der sicheren Zone gerät, kann der Ausstieg aus dem Wasser alles andere als einfach sein – man kann eher Free Climbing als Surfen betreiben (Erfahrung aus erster Hand).
Und wenn es auch in Tamri keine Wellen gibt?
Das passiert! Man kann nicht erwarten, 365 Tage im Jahr surfen zu können. Kein Problem: Die Region bietet viele Alternativen für wellenfreie Tage. Eine der beliebtesten Ausflüge ist das Paradise Valley, eine spektakuläre Oase in den Bergen mit kristallklaren Wasserbecken zum Springen, Entspannen und einem Tajine unter Palmen. Wer es abenteuerlicher mag, kann zu den Dünen von Timlalin jenseits von Tamri fahren, wo man Sandboarding machen oder mit einem Quad bei Sonnenuntergang fahren kann.
Und wenn ihr im Ort bleibt, lebt jeden Abend der Skatepark von Taghazout auf: Ein Treffpunkt für Locals, Surfer und Reisende, mit Blick auf den Ozean und einer ganz besonderen Energie.Und wenn ihr im Ort bleibt, lebt jeden Abend der Skatepark von Taghazout auf: Ein Treffpunkt für Locals, Surfer und Reisende, mit Blick auf den Ozean und einer ganz besonderen Energie.
Der Skatepark von Taghazout ist ein großartiger Ort, um neue Leute kennenzulernen – besonders zum Sonnenuntergang lohnt sich ein Besuch. Wenn du allerdings wirklich skaten willst, ist es besser, tagsüber hinzugehen, um Zusammenstöße mit anderen Skatern zu vermeiden.
Fazit
Taghazout und Umgebung erleben einen großen Popularitätsschub in der Surfwelt und unter digitalen Nomaden. Dennoch hat das Dorf trotz wachsendem Interesse und ersten Anzeichen von Gentrifizierung seine starke Identität bewahrt. Die lokalen Berbergemeinschaften haben den Tourismus authentisch aufgenommen, ohne ihre Wurzeln aufzugeben.
Deshalb ist Taghazout ein Ort, der es wert ist, erlebt zu werden – egal, ob du jeden Tag surfen, mit dem Laptop mit Ozeanblick arbeiten oder einfach nur das Tempo verlangsamen möchtest.
Und wenn du zum ersten Mal auf einem Brett stehst, nimm Surfunterricht – vielleicht entdeckst du eine neue Leidenschaft. Aber Achtung: Nach der ersten Welle wird jede weitere Reise mit der gleichen Frage beginnen: „Kann man da surfen?“
Ob du die ersten Wellen deines Lebens suchst oder einen Winterfluchtort an einem authentischen Ort, Taghazout und Umgebung bieten alles, was du brauchst. Marokko ist um die Ecke, aber es fühlt sich an wie eine andere Welt. Bereit für den Start?